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Corona: Soziale Betreuung von psychisch kranken Menschen

Rotkreuzmitarbeiter Björn Ruhrig versorgt Klienten, die ihre Wohnung nicht verlassen können, mit Lebensmitteln. Foto: me/DRK

Psychisch kranke und geistig behinderte Menschen befinden sich häufiger mal in einem seelischen Ausnahmezustand. Dann brauchen sie professionelle Hilfe von ihren Betreuern, Ärzten und Psychologen. Das Kontaktverbot aufgrund der Corona-Pandemie stellt Klienten und Betreuer vor eine große Herausforderung.

„Wir müssen ihnen die Angst nehmen“

Olaf Schulze steht in diesen Tagen psychisch kranken Menschen zur Seite

„Gerade jetzt brauchen unsere Klienten viel Zuspruch, jemanden der ihnen nahe ist, Orientierung gibt und die Angst nimmt“, erklärt Olaf Schulze, Leiter des Ambulant Betreuten Wohnens (ABW) in Grevesmühlen. Diese Einrichtung gehört zur DRK Soziale Betreuungsdienste M-V gGmbH, die vorrangig Menschen mit psychischen Erkrankungen betreut. Fast alle Klienten leben allein im eigenen Haushalt, sind aber täglich auf Unterstützung angewiesen. Seit ein paar Tagen sind diese Kontakte zum Eigenschutz aller auf ein Minimum heruntergefahren. „Das ist in einigen Fällen wirklich schwierig, denn persönliche Kontakte und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gehören bei den meisten zum Therapieprogramm. Außerdem können einige das Alleinsein schwer aushalten, andere sind in Situationen der Verzweiflung suizidgefährdet“, weiß Olaf Schulze aus Erfahrung. In diesen Tagen hält der 43-Jährige hauptsächlich Kontakt per Telefon, erkundigt sich nach dem Befinden, hört ihnen zu, wenn sie ihre Sorgen oder Probleme schildern – fängt sensibilisiert Stimmungen der Klienten auf, die Hinweise darauf geben, dass etwas nicht in Ordnung ist.

In Notfällen ist es für den fachlich geschulten Rotkreuzmitarbeiter selbstverständlich, sich auf den Weg zu den ihm anvertrauten Menschen zu machen. Natürlich unter Beachtung des Eigenschutzes. „Wir haben viele Klienten, die nur sehr schwer auf einen Livekontakt verzichten können, die von Angesicht zu Angesicht mit uns reden müssen, damit es ihrer Seele gut geht und sie keine Kurzschlusshandlungen begehen“, erklärt Olaf Schulze und fügt hinzu: „Für manche wäre es kaum auszudenken, wenn er auf den täglichen Kontakt verzichten müsste.“

Um die Betreuung sicherzustellen, hat die DRK Soziale Betreuungsdienste M-V gGmbH eine Task Force ins Leben gerufen. „Eine unserer Maßnahmen besteht darin, dass sich derzeit sieben Fachkräfte zum Schutz vor Infektionen in ihrer eigenen Häuslichkeit befinden. Das sind hauptsächlich Mitarbeiter aus unseren Tagesstätten, die zurzeit nicht geöffnet sein dürfen. Wenn in einer Wohnstätte das Virus ausbricht und das dortige Personal in Quarantäne muss, übernehmen diese Kolleginnen und Kollegen deren Arbeit.

Wir sind also auf einen Personalwechsel vorbereitet“, sagt der Einrichtungsleiter, der aus heutige Sicht auch bei einer länger anhaltenden Epidemie ein fachlich qualifiziertes Team hinter sich weiß.

Für ältere und kranke Menschen, die das Haus nicht verlassen können, haben die Rotkreuzmitarbeiter ebenfalls Notfallmaßnahmen entwickelt. Selbstverständlich werden sie weiterhin zu dringend notwendigen Arztbesuchen begleitet, ebenso erledigen Mitarbeiter die Einkäufe.

„Insgesamt muss ich sagen, dass unsere Klienten alle sehr diszipliniert sind. Sie halten Abstand zu anderen, achten verstärkt auf Hygiene. Bei manchen treten aufgrund der vielen Nachrichten und neuen Situationen, die es zu bewältigen gilt, die eigenen psychischen und gesundheitlichen Probleme in den Hintergrund. Das hat mich teilweise sehr erstaunt“, schildert Olaf Schulze.